Wider die Eitelkeit
Letzte Woche gedachten wir dem Feuersturm auf Hanau vom 19. März 1945. Nach dem verheerenden Bombardement konnten nur wenige Mauerreste und Spolien gesichert werden. Unbeschädigt blieb der Sandsteinsockel des Altstädter Rathauses, seit 1942 Deutsches Goldschmiedehaus, das am 19. März 1958 wieder eingeweiht werden konnte.
Darauf befinden sich mehrere Rotsandsteinreliefs, die wohl aus dem mittelalterlichen Vorgängerbau stammen. Es handelt sich um Kragsteine für die hölzernen Knaggen, die das Fachwerk der Obergeschosse stützen sowie Kartuschen und Tondi an den Fenster- und Türstützen. Sie stellen das Altstädter und Hanau-Münzenberger Wappen, männliche Büsten, Narren, Fabeltiere und nachgebildete Türklopfer dar. Am augenfälligsten ist das sitzende Äffchen, das einen Spiegel in Händen hält: Ein Sinnbild für oder vielmehr gegen Eitelkeit und Eigenliebe, dass Narrheit von den Ratsherren zu meiden sei.
Elisabeth Holder, der 2024 eine Sonderausstellung im Goldschmiedehaus gewidmet war, inszenierte das Kleinod im Sinne von kontextueller Kunst neu. Sie brachte eine Folie auf der Sandsteinaussparung des Spiegels an. Der Schalk des Mittelalters wurde damit pfiffig und mit minimalem Aufwand in unsere heutige Zeit übertragen. Das Figürchen sorgt bei aufmerksamen Betrachterinnen und Betrachtern wie Touristführungen für Schmunzeln bis schallendes Lachen.
Text: Martin Hoppe
Äffchen mit Spiegel am Deutschen Goldschmiedehaus (© Fachbereich Kultur der Stadt Hanau, Aufnahme: Martin Hoppe)