Eugen Kaiser
1945 ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. Noch bis in die letzten Tage des NS-Regimes wurden u. a. unfassbar viele politisch Gefangene ermordet oder kamen qualvoll um. Zu diesen Opfern zählt der Hanauer Landrat Eugen Kaiser, der 1933 amtsenthoben wurde und am 4. April 1945 - vor 80 Jahren - im Konzentrationslager Dachau starb. An ihn erinnert ein 1997 errichteter Gedenkstein an der Eugen-Kaiser-Straße am ehemaligen Landratsamt, heute Stadtteilzentrum an der Kinzig.
Kaiser wurde am 28. Oktober 1879 in Cleversulzbach / Neckarsulm (damals Hessen-Nassau) als Sohn der Kleinbauern Christian und Sophie Kaiser geb. Volpp geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf des Gärtners und war von 1906 bis 1910 als „Gauleiter“ für Süddeutschland im Allgemeinen Deutschen Gärtnerverband tätig. 1907 wurde Hochzeit mit Margarethe Falk gefeiert, das Paar bekam zwei Kinder: Kurt (1909) und Emmy (1917).
Nachdem Kaiser die Gewerkschaftsschule Frankfurt absolviert hatte, stieg er 1910 zum Arbeitersekretär in der Mainmetropole auf, war auch Vorsitzender des Bezirksjugendausschusses. Parallel erfolgte seine politische Karriere: 1919 bis 1921 war er Vorsitzender der SPD Frankfurt und Mitglied der dortigen Stadtverordnetenversammlung. Von 1920 bis 1924 vertrat er den Wahlkreis 21 Hessen-Nassau für die Sozialdemokraten im Reichstag. Dort setzte er sich etwa für die Regelarbeitszeit, Arbeitsunfähigkeits- und Invalidenrenten für „die kleinen Leute“ ein.
Am 1. August 1922 wurde er erst kommissarisch, am 29. November 1922 offiziell zum Hanauer Landrat und Polizeidirektor bestellt. Sein Augenmerk lag vor allem auf dem Schul- und Sozialwesen, der Gründung einer Bau- und Siedlungsgenossenschaft wie Kleinbahn, Fluss- und Gewässerregulierung, Straßenbau und Infrastrukturmaßnahmen. Die Nationalsozialisten beurlaubten ihn am 28. Februar 1933 (es war Faschingsdienstag) und versetzten ihn am 8. März 1933 in den „einstweiligen Ruhestand“. Die Familie musste die Dienstwohnung im Landratsamt verlassen und zog nach Seckbach, wo sie sich mit Landbau über Wasser hielt.
Der Hanauer Anzeiger lobte Kaiser noch am 1. März 1933: „In seiner mehr als 10-jährigen Tätigkeit hat er es verstanden, sich durch sachliches Arbeiten Anerkennung und Beliebtheit bis in die Kreise seiner politischen Gegner zu verschaffen“. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 kam Kaiser im Zuge der „Aktion Gitter“ wie über 7.000 andere Regime-Gegner in Haft und wurde am 16. September 1944 in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Dort starb er am 4. April 1945 als Häftling Nr. 108.222 an Fleckfieber, sprich Entkräftung. Nur etwas mehr als drei Wochen später, am 29. April 1945, wurde das KZ befreit.
Text: Martin Hoppe
Gedenkstein für Eugen Kaiser am ehemaligen Landratsamt Hanau (© Fachbereich Kultur der Stadt Hanau, Aufnahme: Martin Hoppe)