„Süßer Heinrich“
von Heinrich Kurz, um 1960
„Draußen nur Kännchen“ – hoffentlich können wir dies nach der Pandemie bald wieder unbeschwert genießen. Zur Ausstattung von Cafés, Kantinen und auch heimischer Kaffeetafeln gehören wie selbstverständlich Zuckerstreuer aus Glas mit Metallschütte. Wissen Sie, dass das formschöne Design-Utensil im Zeitgeist der Wirtschaftswunderjahre Hanauer Ursprungs ist?
Der „süße Heinrich“ ist nach Heinrich Kurz aus Windecken benannt. Als seine Frau 1899 verstarb musste der 1862 geborene Sattler und Arbeiter der Pulvermühle Wolfgang seine sechs Kinder alleine großziehen. Er gab den Beruf auf, betätigte sich als Nachtwächter und trug Medikamente aus. Offensichtlich in arger Not entwickelte er sich zu einer Art „Daniel Düsentrieb“. Seinem Erfindergehirn entsprangen zu Beginn des 20. Jahrhunderts u. a. eine Waschmaschine mit in der rotierenden Trommel montierten Wurzelbürsten, ein Kartoffelpfannenkuchenwender, eine Auflaufbremse, ein WC-Aufsatz für Kinder, Radaufhängungen, aber auch Obskures wie eine Vorrichtung, den schiefen Turm von Pisa zu richten. Alles leider ohne Patente. Er starb 1934 als armer Mann im Hospital.
Enkel Theodor Jacob fand Kurz´Aufzeichnungen. Er ließ den „Süßen Heinrich“ 1953 als „Portionierer für granuliertes Streugut, beispielsweise Zucker“ als Markenmuster eintragen und übernahm ab 1954 Produktion und Vermarktung. Das geniale an dem Streuer ist, dass durch die Kippbewegung immer die etwa gleiche Menge an Zucker hygienisch dosiert in die Tasse gleitet – überall auf der Welt.
Jacobs Handelsunternehmen Helly Erzeugnisse am Kinzigheimer Weg in Hanau vertrieb erfolgreich u. a. den Baby-Wunderbecher „WippeDippe“: eine sich selbst aufrichtende Plastiktasse. Die Eltern beglückende Idee soll aus Amerika stammen, könnte aber auch auf Großvater Heinrich Kurz zurückgehen. Dessen Spitzname war übrigens „der Patente“.