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#264

Osterhase?

Auch am Ostermontag werden allerorts bunte Eier gesucht, die vom Frühlingsboten versteckt werden. Wir schauen uns deshalb nach einem Langohr in Hanaus Innenstadt um. Und finden ihn in Origami gefaltet im Wandbild „Lauschet den Gassen“ an der Ecke Fahrstraße / Langstraße, am sog. Behringer Eck. Ronald Schrodt und Marcel Walldorf haben die Kunst 2011 im Auftrag der Hauseigentümerfamilie Hühn realisiert, um das Leben und Werk der 1785/1786 in Hanau geborenen Brüder Grimm modern in die Gegenwart zu tragen. Dabei haben sie ihre eigenen Konterfeis pfiffig als Jacob und Wilhelm verewigt. 2012 kamen gefalzte Stahlmäuse und ein Frosch an den Wänden hinzu. Eine Erklärungstafel beschreibt die Fassadenmalerei.

Text der Wandtafel
1785/1786 wurden Jacob und Wilhelm Grimm am Paradeplatz 3 (heute Freiheitsplatz) geboren. Wenig später zog die Familie in die Lange Gasse 41. Auch ihre Tante Schlemmer, die ihnen Lesen und Schreiben beibrachte, wohnte nicht weit entfernt: in der Fahrstraße 11. Somit war das Straßenkreuz Fahrstraße / Langstraße zur Kindheit der berühmten Brüder Grimm Dreh- und Angelpunkt. Hier spielten sie, besuchten
ihre Verwandtschaft und lauschten den Hanauer Bürgern bei ihren Erzählungen.
Vor allem das Hörensagen war den späteren Märchensammlern ein großer Fundus. Sie ließen sich die volkstümlichen Erzählungen berichten, bearbeiteten sie und brachten sie als Kinder- und Hausmärchen 1812 erstmals heraus. Ihre Märchensammlung ist nach der Bibel das weltweit am meist übersetzte Werk geworden.
Die Wandgestaltung am Behringer-Eck stellt ein Märchenbuch dar, so als stünde es greifbar im heimischen Bücherregal. Unter dem Motto „Die schönsten Geschichten schreibt das Leben“ wird der Entstehungsprozess der Grimm‘schen Märchen thematisiert.
Durch den Ausdruck und die zur Straße gewandte Körperhaltung der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm wird die Wahrnehmung und Verarbeitung ihrer Einflüsse beschrieben. Wilhelm, dargestellt in lauschender Pose, scheint das Treiben der Straße aufzusaugen. Jacob, mit schöpferischer Anmutung und dem Blick in die Ferne schweifend, fügt die Geschichten im Geiste zusammen. Die symbolhaften Tiere
werden in Origami-Falttechnik dargestellt – eine Reminiszenz an die Internationalität der Märchen und die japanische Partnerstadt von Hanau: Tottori. Sie entspringen dem Notizbuch der Grimms und definieren deren Körper. So wie die auf Papier niedergeschriebenen Eindrücke gelesen werden und Bilder erzeugen, bekommen die Märchentiere Volumen und neues Leben eingehaucht. Wir erkennen von unten nach oben: Fisch, Eule, Hase, Katze, Hahn, Pferd, Spatz, Schwan, Wolf, Esel, Adler, Katze, Fuchs.

Text: Martin Hoppe

 

Die Grimms im Origami-Gewand von Marcel Walldorf und Ronald Schrodt (© www.hanau-radau.de)