245 Jahre Wilhelmsbad
Rechtzeitig vor dem Jahresende ist uns noch ein Jubiläum aufgefallen: Wilhelmsbad besteht seit 245 Jahren. Am 3. Juni 1779 legte Erbprinz Wilhelm von Hessen-Kassel an seinem Geburtstag feierlich den Grundstein für den Brunnentempel. In fünf Jahren kann man also den 250. Geburtstag der historischen Kur- und Badeanlagen feiern.
Das Kleinod wurde 1777 bis 1785 mit allen Attraktionen wie Karussell, Comoedienhaus und Eremitage unter Erbprinz Wilhelm (Graf von Hanau, ab 1785 Landgraf Wilhelm IX. und 1803 Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel) von Architekt Franz Ludwig Cancrin (1738-1816) erbaut. Seinen Ursprung hat der Staatspark in dem Fund eines „guten Brunnens“ durch zwei Kräuterfrauen 1709. Wilhelm ergriff die Chance für sein „Juwel“ und Prestigeprojekt als „Kurunternehmer“, das er überwiegend aus Subsidiengeldern für den Verleih hessischer und Hanauer Soldaten an seinen Onkel, den britischen König, erzielte. Dieser setzte die Männer im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ein.
Der Brunnentempel steht gegenüber der Großen Wirtschaft, die derzeit vom Land Hessen renoviert wird. Ursprünglich von Cancrin in der Mitte der Anlage geplant, steht er heute etwas verschoben, da die Gebäudereihe am Ende fast doppelt so groß wurde als geplant. Gekrönt wird das Kleinod von Äskulap, den Gott der Heilkunde in der griechischen Mythologie mit seinem Schlangenstab (noch heute Zeichen der Ärzte, ergänzt um ein „V“ für Veterinäre), umringt mit im Klassizismus üblichen putzigen Putti als Sinnbilder für die vier Elemente und die Jahreszeiten Frühling und Sommer. Im Wappen sehen wir die verschlungenen Buchstaben W und L für Wilhelm Landgraf von Hessen-Kassel, darunter die Jahreszahl MDIILXXVIIII = 1779.
Der Tempel hat auch wichtige politische Ereignisse „erlebt“, u.a. den Freimaurerkongress von 1782, das Treffen der „Heiligen Allianz“ 1818 (die Regenten von Preußen, Österreich und Russland) und vor allem das Wilhelmsbader Fest 1832 (siehe OdW #116). Deshalb sind die Kuranlagen neben dem Neustädter Rathaus (Hanauer Ultimatum 1848, siehe OdW #154) und der Wallonisch-Niederländischen Kirche (Gründung des Deutschen Turnerbundes 1848) auch seit 2024 ein offizieller Ort der deutschen Demokratiegeschichte.