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Friedenskirche Kesselstadt

Das Mainpanorama von Kesselstadt wäre ohne die evangelische Friedenskirche an der Philippsruher Allee mit ihrem 49,5 Meter hohem Turm kaum denkbar. Wenige wissen, dass sie erst seit 120 Jahren dort steht und Ersatz für einen in die Jahre gekommenen Vorgängerbau ist. Das Gotteshaus wurde am 25. September 1904 eingeweiht. Als Architekt zeichnete Professor Heinrich Jassoy (Hanau 15. August 1863 – 7. September 1939 Frankfurt am Main) verantwortlich, der neben vielen Kirchenbauten im Stil des Historismus u.a. auch das Stuttgarter Rathaus und das Kurhaus von Westerland / Sylt erbaute.

Eine der heiligen Katharina geweihte Kirche wird erstmals 1275 erwähnt. Sie wurde 1554 unter Magister Conrad Cleß evangelisch. Am 28. April 1903 begann der Abbruch der baufälligen Maria-Magdalenen-Kirche, die damals parallel zur Uferstraße in östlicher Ausrichtung am Lindenrain stand. Nur der Taufstein von 1590, die Kanzel, zwei Opferstöcke und der Prospekt der Orgelbauerfamilie Zinck sind erhalten. Am 2. August 1903 wurde der Grundstein zur neuen Kirche aus hellem Mainsandstein gelegt, am 19. April 1904 Richtfest und am 21. Juni 1904 Glockenweihe gefeiert. Über dem Eingang, im Thympanon, wird „Jesus, der gute Hirte“ von vier Schafen, Weinstöcken und Getreideähren umgeben; eine Arbeit des Frankfurter Bildhauers Hermann Jess. Die Widmungsurkunde der Kirche legt fest, „daß alle suchenden Herzen, die in diesem Gotteshause aus- und eingehen, Frieden finden mögen unter dem Kreuz von Golgatha“.

Landgraf Alexander Friedrich von Hessen (1863-1945), der im Schloss Philippsruhe wohnte und nach dem die Alexanderstraße in Kesselstadt benannt ist, förderte den Bau mit einem beachtlichen „Gnadengeschenk“ i.H.v. 25.000 Mark. Pfarrer Johannes Hufnagel (siehe OdW #196) sprach bei dem obligatorischen Festessen zur Einweihung in einem Toast seinen Dank „dem allgeliebten Landgrafen für seine huldreich gespendete Gabe“ aus. Der fast blinde Chef des Kurhessischen Fürstenhauses trat auch als Komponist, Violinist, Pianist und Organist hervor. Ihn wird sicher besonders die neue Ratzmann-Orgel mit 22 Registern auf zwei Manualen und Pedal interessiert haben.

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kirche als einzige im damaligen Hanauer Stadtgebiet fast unbeschädigt; nur die Fenster zerbarsten durch Luftminen, die auf den zugefrorenen Main fielen. 1954 gestaltete der Großauheimer Maler und Mosaikkünstler August Peukert die Farbglasfenster im Chorraum: in der Mitte „Jesus am Kreuz“, die beiden Seitenfenster stellen „Verkündigung“ und „Abendmahl“ dar. 1995 fanden durch den Hanauer Geschichtsverein archäologische Grabungen statt. Dabei konnten romanische und gotische Mauern der Vorgängerbauten entdeckt und an der südöstlichen Ecke des Gebäudes im Pflaster kenntlich gemacht werden.

 

Friedenskirche in Kesselstadt 2024Friedenskirche in Kesselstadt 2024 (© Fachbereich Kultur der Stadt Hanau, Aufnahme: Martin Hoppe)