Stockhausen
Tausende von Fahrzeugen fahren täglich achtlos an seinem Grabdenkmal am Hanauer Gerichtsgebäude an der Nussallee vorbei. Schaut der Pädagoge und lutherische Theologe Johann Christoph Stockhausen deshalb so mürrisch Richtung Martin-Luther-Anlage?
Die Säule mit krönender mächtiger Urne stand ursprünglich auf dem Alten Deutschen Friedhof, der für den 1911 eröffneten Justizkomplex eingeebnet wurde. Besondere Grabdenkmäler und Kenotaphe wurden glücklicherweise gerettet und auf den Hauptfriedhof bzw. in der Grünanlage zum Fischerhüttenweg verteilt (siehe auch Objekt der Woche 88).
Johann Christoph Stockhausen kam am 20. Oktober 1725 in Gladenbach als Sohn des Oberpredigers Anton Daniel Stockhausen und Anna Maria, Tochter des braunschweigischen Hof- und Landrates Bodo Oldekopp aus Wolfenbüttel zur Welt. Ab 1740 besuchte er das Gymnasium in Idstein, bereits 1741 die Universität Gießen, um Philosophie und Theologie zu studieren. Danach folgten Studienaufenthalte in Jena, Wittenberg (Magister), Marburg (Habilitation) und Helmstedt. 1752 wurde Stockhausen Konrektor des Johanneums Lüneburg, dessen Rektorat er 1761 übernahm, 1767 folgte der Chefposten am Fürstlichen Pädagogium Darmstadt. Am 6. August 1769 wechselte er als Oberpfarrer nach Hanau, wurde Superintendent und Konsistorialrat – bis zu seinem Tod am 1. September 1784.
Der Mann kam viel herum und war hochgeachtet. So sind Mitgliedschaften in der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Deutschen Gesellschaft Göttingen, der lateinischen Gesellschaft Karlsruhe, der fürstlich-hessischen akademischen Sozietät der Wissenschaften Gießen und der Gesellschaft zum Nutzen der Wissenschaften und Künste Frankfurt an der Oder belegt. 1753 heiratete er Anna Cäcilia Metzendorf, eine Predigertochter aus Lüneburg. Ihre gemeinsame Tochter Dorothe Luise starb bereits als Kleinkind. Von Stockhausen sind rd. 60 Predigten, Reden und naturgeschichtliche Arbeiten erhalten, darunter der Hanauische Katechismus von 1777; auch bemerkenswert ist eine Schrift „Von der Erziehung der Jugend, welche insonderheit die Bildung des Herzens betrifft“, noch in Darmstadt 1768.
Das Grabmonument ist übrigens ein Replikat von 2003; das Original wurde durch Vandalismus zerstört. Auf der Rückseite des Porträts stand ehedem geschrieben: IOHANN CHRISTOPH STOCKHAUSEN – geboren MDCCXXV – gestorben MDCCLXXXIV. Die Inschrift war bereits vor 20 Jahren bis auf den Anfang abgeschlagen, wohl durch einen Bombensplitter aus dem Zweiten Weltkrieg 1945.