„Die Preußen kommen!“
Hanauer Zeitung vom 3. Oktober 1866
Im sog. Deutschen Krieg vom Sommer 1866 hatte sich Kurhessen auf die Seite Österreichs gestellt. Preußen gewann und übernahm kurzerhand die einstmals feindlichen Gebiete ohne Gegenwehr. So verlor auch das Kurfürstentum Hessen-Kassel mit Friedrich Wilhelm I. an der Spitze seine Eigenständigkeit und wurde von Preußen annektiert. Der Kurfürst kam nach Stettin in Festungshaft und siedelte später ins Exil nach Hořovice / Böhmen und Prag über.
Das Gesetz zur Annexion ist denkbar knapp gehalten. Es wurde von beiden Häusern des Landtags in Berlin am 20. September 1866 verabschiedet, vom preußischen König Wilhelm I., dem späteren deutschen Kaiser Wilhelm I., ratifiziert und war natürlich auch im Hanauer Anzeiger auf Seite 1 zu lesen (siehe linkes Textfeld).
Flugs wurden an allen öffentlichen Gebäuden Hanaus die preußischen Fahnen gehisst. Vorteile der „feindlichen Übernahme“: die Hanauer Zeichenakademie erhielt den Titel Königliche Zeichenakademie. Landgraf Friedrich Wilhelm von Hessen(-Rumpenheim) und seine Gemahlin Anna von Preußen renovierten Schloss Philippsruhe im Stil des Historismus 1875-1880 nach dem Motto „Uns gibt es noch!“. Und um 1900 war es für Oberbürgermeister Eugen Gebeschus einfacher, die preußischen Eisenbahn-Regimenter von Berlin nach Hanau-Lamboy abzuwerben.
Die Achse nach Berlin war somit – nach erfolgreicher Konversion der Militärareale im 21. Jahrhundert – auch Basis für die Entwicklung Hanaus von „Hessens größter Kleinstadt“ zu „Hessens kleinster Großstadt“ mit nunmehr 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.