Napoleon im Lamboywald
Zeichner: Antoine Alphée Piaud (1837-1866)
Stecher: Blasius Höfel (1792-1863)
Holzstich
Historisches Museum Hanau Schloss Philippsruhe / Hanauer Geschichtsverein 1844 e.V.
Er ist wohl eine der umstrittensten Personen der europäischen Geschichte: Kaiser Napoleon Bonaparte, der am 5. Mai 1821, vor 200 Jahren auf der Insel St. Helena an Magenkrebs starb.
Höhen und Tiefen seiner Herrschaft, der sog. Franzosenzeit, wurden anlässlich einer Sonderausstellung zur Schlacht bei Hanau im Historischen Museum 2013 mit Begleitpublikationen ausführlich dargestellt: Die Befestigungswerke um Alt- und Neustadt wurden niedergelegt (1806), durch den Code Civil konnten Jüdinnen und Juden das Ghetto verlassen, ihren Wohnort frei wählen und höhere Schulen besuchen (etwa Moritz Daniel Oppenheim). Die katholische Gemeinde konnte eine Kirche bauen (1809) und es wurden Verwaltungsreformen durchgeführt. Erst seitdem messen wir mit dem Dezimalsystem.
Der Kaiser schenkte Schloss Philippsruhe seiner Schwester Pauline, die es meistbietend verkaufen wollte. Am 30./31. Oktober 1813 fand schließlich die militärisch unnötige Schlacht bei Hanau statt, der letzte Sieg Napoleons auf „deutschem Boden“. Deshalb ist Hanau als Siegesort am Arc de Triomphe in Paris erwähnt, im Stadtgebiet von Hanau befinden sich mehrere Gedenksteine (Vor und an der Kinzigbrücke, Lamboystraße, Karl-Marx-Straße). Über 15.000 Tote waren auf den Schlachtfeldern, dem heutigen Stadtteil Lamboy, zu beklagen, danach rafften mehrere Epidemien hunderte Hanauerinnen und Hanauer hinweg. Einquartierungen und Kontributionszahlungen bluteten die Region über Jahre aus.
Napoleon selbst war zur Schlacht und vorher wohl fünf Mal auf der Durchreise in Hanau gewesen. Am 16. Dezember 1812 machte er als Herzog von Piacenza im „Hotel zum Riesen“ am Heumarkt Station. Wirtin Ebermeyer tischte ihm Solber, gesalzenes Schweinefleisch, mit Sauerkraut und Kartoffelbrei auf, was ihm wohl geschmeckt hat: „Madame, ich habe gut gespeist und muss Ihnen dafür dankbar sein. Erbitten Sie etwas von mir“, soll er geäußert haben. Die Köchin habe ihm höflich aber selbstbewusst entgegnet, dass sie in Verhältnissen lebe, die sie auf solch „hohe Gnade verzichten lassen könne“.
Das Übernachtungszimmer Napoleons ging am 19. März 1945 im alliierten Bombenhagel unter. Am Nachfolgebau erinnert eine Tafel an den Besuch und eine kleine Napoleonplastik unter einem Riesen von Künstler Jörg Eyfferth. Sie wurde zum 375-jährigen Jubiläum des Hotels 2001 angebracht. Hanau ist seit 2005 Mitglied im Verbund der europäischen Napoleonstädte, einer Kulturroute des Europarates.
Der Holzstich zeigt Napoleon im Biwak während der Schlacht in der Bulau. Die Stelle wurde später mit einem Gedenkstein markiert, an dem der Feldmarschall der Hanauer Karnevalisten Emil Kempe im „Flussstraßenviertel“ bis in die 1980er Jahre seine Kneipe „Napoleonsruh“ betrieb und den Stein danach dankenswerterweise an das Historische Museum abgab.