Sèvres-Vase mit Illumination
um 1880, Historisches Museum Hanau Schloss Philippsruhe
Schloss Philippsruhe wurde 1875 bis 1880 im Stil des Historismus renoviert. Landgraf Friedrich Wilhelm von Hessen(-Rumpenheim) und seine Gemahlin Anna, eine geborene Prinzessin von Preußen, engagierten den dänischen Architekten Ferdinand Meldahl, der das Schloss u. a. um das prächtige Treppenhaus erweiterte und den charakteristischen Turm errichten ließ.
Im oberen Vestibül befindet sich eine monumentale Vase in royalblauem Kolorit mit vergoldeten Bronzehenkeln. Sie stammt aus der Produktion der seit 1756 im französischen Sèvres ansässigen Manufacture royale de porcelaine, zwischen Paris und Versailles gelegen. Den Vasenbauch schmücken zwei Genredarstellungen im Stil Francois Bouchers (1703-1770), die mit Eug. Poitevin (Eugène Le Poitevin, 1806-1870) signiert sind. Der vergoldete Bronzeaufsatz mit floralem Dekor war ursprünglich für Gaslicht gearbeitet, heute trägt er kugelförmige Glühbirnen.
Ob die effektvolle Beleuchtung von Anbeginn oder im Zuge der Renovierung der Räumlichkeiten Ende des 19. Jahrhunderts montiert wurde, damit die Vase viel älter als ihre Nutzung als Lampe ist (Poitevin starb 1870, das Schloss wurde erst 1875-1880 neu eingerichtet), wäre noch zu klären. Das Ensemble zeigt jedenfalls, dass das Landgrafenpaar mit ihrem Architekten auf der Höhe der Zeit plante, es gab sogar Haustelegraf und Personenaufzug. Ihr Sohn, der spätere Landgraf Alexander Friedrich von Hessen (1863-1945), der fast erblindet war und als bedeutender Pianist und Komponist hervortrat, hatte sich eine Standleitung in die Frankfurter Oper legen lassen, um die dortigen Musikaufführungen mitverfolgen zu können.