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Fues´sche Insel

Warum nicht zum Neujahrsspaziergang entlang der Kinzig und via Fallbach nach Wilhelmsbad wandeln? In Höhe Antoniterstraße / Friedberger Straße stößt man dabei auf ein kleines Wehr mit Fischtreppe. Es hängt mit der Nutzung der alten „Fues'schen Insel“ nebenan zusammen, die von der „Krummen Kinzig“ in einem Bogen von der Fallbachmündung am Heinrich-Fischer-Bad bis zur Wilhelmsbrücke umflossen wird.

Einst weit vor der Stadt, wurde hier 1697 von dem gewissen Niemand eine Pulvermühle errichtet, die 1707 Philipp Jakob Platz kaufte, Pulvermacher aus Wertheim. Dessen Enkeltochter heiratete 1748 Johann Wilhelm Abraham Jäger aus Nürnberg (1718-1790), der in Frankfurt als Artilleriekonstabler und Feuerwerker tätig war, aber auch eine Buchhandlung betrieb. 1777 bekam er von Erbprinz Wilhelm die Genehmigung, neben der Hanauer Pulver- und Ölmühle noch eine Papiermühle für „Pack-, Schreib-, Median-, Imperial und keine großen Druckpapiere“ zu errichten.

Jägers Markenzeichen war die Fertigung von Landkarten. Als Meisterwerk schuf er 1789 im sog. Royalformat von 515 x 700 mm den „Grand Atlas d´Allemagne“ – mit 81 Blättern auf Hanauer Papier; heute existieren weltweit wohl nur noch 40 Exemplare. Sein Sohn Johann Christian Jäger stellte 1800 die Pulverfabrikation ein. Als er 1822 starb, übernahm Carl Peter Fues aus einer Papiermacherfamilie im Bergischen den Betrieb – und heiratete die Tochter Jägers.

Es folgte ein großes Kapitel der Hanauer Wirtschaftsgeschichte: auf der „Fues'schen Insel“ wurden allerlei Papiere (aus dem Grundmaterial Lumpen und Hadern, später Zellstoff, auch in Kinderarbeit) wie Briefmarken, Banknoten, Zeitungen, Buntpapiere bis hin zu Butterbrot- und Toilettenpapier mit einer Produktionsstraße von 2,12 Metern Bereite hergestellt. 1911 waren 115 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Energie und Wasser lieferte die Kinzig reichlich. Als die Kunden ausblieben, musste das Unternehmen 1916 geschlossen werden. Eine Walkmühle bestand bis in den Zweiten Weltkrieg, u.a. wurden für die Rüstungsindustrie Maschinen und Zubehör gefertigt. Sie ging beim Bombardement vom 19. März 1945 auf Hanau endgültig unter.

Nachdem Carl Peter Fues aus der Gefangenschaft zurückkehrte, ließ er die Reste abbrechen. Zeitweise war daran gedacht worden, auf dem Areal das städtische Krankenhaus zu errichten, was wegen der Hochwassergefahr und der eingeschränkten Zugänglichkeit aber schnell wieder verworfen wurde. Fues führte das Areal der Wohnbebauung zu.

Direkt unten am Wehr ist die Lautstärke des rauschenden Wassers betörend, ebenso am etwas größeren Wehr flussaufwärts an der Herrnmühle – es sind die Hanauer Niagara-Fälle :-) An beiden Orten wurden sog. Fischtreppen eingebaut, um den heimischen Wanderfischen wie Aal oder Barbe ihren Weg durch die Gewässer zu erleichtern.

Alles Gute für 2025 – und viel Spaß beim Neujahrsspaziergang!

Text: Martin Hoppe

 

248 kinzigwehrKleines Kinzigwehr mit Fischtreppe an der Fues'schen Insel (© Fachbereich Kultur der Stadt Hanau, Aufnahme: Martin Hoppe)